Ein Programm entsteht…
Als ich letztes Jahr die Ausarbeitung eines neuen Konzepts für das Jahreskonzert 2024 begonnen hatte, sollte auch dieses Konzept – wie schon in den beiden Jahren zuvor – wieder von zwei Grundgedanken getragen sein: Zum einen wollte ich für den Chor wieder ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Neueinstudierungen zusammenstellen, das vor allem den Chor in den Mittelpunkt des Abends stellt und eine herausfordernde Zeit der Einstudierung inkludiert. Zum anderen wollte ich aber auch wieder mit Vereinen „vor Ort“ – wie schon 2022 z.B. mit dem Akkordeonorchester und dem Schulchor der Schillerschule – zusammenarbeiten, die – wie auch der Liederkranz – ihr Hobby zur Passion gemacht haben. Den Schulchor hatte ich gleich auf meiner Besetzungsliste – welche Herausforderungen da gemeistert werden mussten, sei am Ende erzählt. Im Hinblick auf mein gewähltes Thema dachte ich dieses Mal an eine „Tanz-Ergänzung“ meines Konzepts. Meine Wahl fiel auf die Kornwestheimer Tanz- und Ballettschule Biedermann, mit der ich auch bald Kontakt aufnahm – ein Glücksgriff, wie sich später herausstellen sollte. Außerdem inspirierte mich die Zusage dieser Tanzschule zum Zusatz „Petticoats“ in meiner Programmüberschrift – ein willkommener „Eyecatcher“.
Viele Themen gingen mir dabei durch den Kopf – schließlich entschied ich mich für ein Thema, das auch in meinem eigenen Leben eine gewisse Rolle gespielt hat: Als Teenager der 60-er Jahre stand ich selbst im Spannungsfeld zwischen populärer (Beat, Rock, Tamla Motown, Beatles, Beach Boys etc…) und klassischer Musik (Klaviermusik von Bach bis Chopin etc.).
So entschied ich mich schließlich dafür: Die „60er Jahre“ sollten es werden – und mit dem Zusatz der „Goldenen 60er“ wollte ich gleich noch im Titel, quasi mit einem Augenzwinkern, auf die „goldenen 20er“ verweisen. Der passende Titel zum diesjährigen Jahreskonzert kam mir „über Nacht“ in den Sinn:
Rock‘n Roll, Petticoats und Herzschmerz – die goldenen 60er
Musikalisch vollzieht sich auch in der U-Musik der 60er Jahre eine spannende Entwicklung: Da ist zum einen noch der „gute alte Schlager“ deutscher Provenienz gefragt, wie er schon in den 30er-, 40er- und 50er Jahren stilprägend war. Es werden nette, humorvolle oder eben auch gefühlvolle Texte in schöne Melodien gekleidet
– zum Mitsingen und Träumen – und damit eben auch ein wenig „Herzschmerz“ erzeugt. Titel wie Lotar Olias Junge komm bald wieder, der vom beliebten Schlagerstar Freddy Quinn gesungen wurde, gehören in diese Kategorie. Ebenso Marina von Rocco Granata oder Presleys Love me tender oder Are you lonesome tonight. Dass auch der Humor in den Schlagern der 60er Jahre seinen Platz hatte, beweisen Titel wie Ohne Krimi geht die Mimi oder Pigalle von Bill Ramsey.
Unaufhaltsam war aber der Einfluss der amerikanischen/englischen Unterhaltungs- oder Popmusik, der sich auch in Deutschland sehr erfolgreich verbreitete und gerade für die Jugend eine willkommene Abnabelungsmöglichkeit von der Welt der Erwachsenen bot: Sugar Sugar Baby von Peter Kraus, Drafi Deutschers unverwüstliches Marmor, Stein und Eisen bricht oder Benny Quicks (mit bürgerlichem Namen Rolf Müller!) Motorbiene waren deutsche Vorboten dieses neuartigen anglo-amerikanischen Rock’n Roll-Trends. Mit einer deutschen Version von Lucky Lips, die dann zu Rote Lippen soll man küssen wurde, schaffte es der britische Popstar Cliff Richard im November 1963 in allen deutschen Hitparaden auf Platz 1. Einen ähnlichen Hintergrund hat auch ein anderer „Nr. 1-Hit“ von 1963:
Schuld war nur der Bossa Nova. Die deutsche Schlagersängerin Manuela hatte den amerikanischen Super-Hit Blame it on the Bossa Nova vom amerikanischen Autorenduo Cynthia Weil & Barry Mann für das deutsche Publikum gecovert und eine Riesenerfolg erzielt.
Der originale Rock’n Roll aus Amerika oder die frühen Beatles aus England mit ihren Pop- bzw. Rock-Varianten samt ihren großen kalifornischen Konkurrenten, den Beachboys, spielen in meinem „60er-Jahre-Konzept“ selbstverständlich auch eine tragende Rolle: Da konnte ich den Presley Klassiker Jailhouse-Rock (er verbindet den musikalischen Rock mit einer gehörigen Portion Humor) oder einige Welt-Hits der „Fab Four“ – 1965 vom britischen Königshaus in den Adelsstand erhoben – samt dem Mega Hit Barbar‘ Ann von den Beachboys in schönen Arrangements für Männerchor finden.
Eine ganz besondere Entstehungsgeschichte hat der Song The Lion sleeps tonight: Dem südafrikanischen Zulu-Sänger Solomon Linda kam die Idee zum Song bereits 1938 bei der Verfolgung von Löwen, die Rinderherden angegriffen hatten. Mit seinen Evening Birds nahm Solomon Linda seinen Song 1939 in Johannesburg unter dem Titel Mbube (=Löwe) auf. Das Urheberrecht an seinem Song verkaufte Linda für ganze 10 Schillinge an den Musikverlag von Eric Gallo. Der Song wurde in den folgenden Jahren von vielen Pop- und Folkkünstlern adaptiert und gecovert. 1961 wurde eine ins Englische übersetzte Version mit dem Titel The Lion sleeps tonight der „Doo-Wop-Gruppe“ The Tokens ein Nummer-eins-Hit in den Vereinigten Staaten. Große Popularität erhielt der Song auch 1994 als Filmmusik in Walt Disneys The Lion King. Insgesamt beliefen sich die Tantiemen an dem Song auf ca. 72 Millionen $.
Wie eingangs schon erwähnt, wollte ich auch wieder den Schulchor der Schillerschule in mein Konzept für das Jahreskonzert 2024 einbauen. Doch meine anfänglichen Korrespondenzen mit der damaligen Schulchorleiterin offenbarten eine traurige Entwicklung: Wegen Lehrermangels gab es mittlerweile keinen Schulchor mehr. Das brachte mich auf die Idee: Dann gründe ich dort eben einen Projektchor, arrangiere passende Lieder und übernehme die wöchentlichen Proben. Die Anfrage an die Schule ergab: 31 Kinder aus der 3. und 4. Klasse hätten Lust auf solch einen Projektchor, der dienstags in der 6. Stunde in der Schule stattfinden sollte. Mit großer Begeisterung stürzten sich alle Beteiligten in die Aufgabe. Natürlich mussten die Lieder auch zu meinem Programm-Titel und den 60-er Jahren passen: Mit drei Songs aus dem Dschungelbuch, von mir für Kinderchor, Klavier und Kontrabass arrangiert und in digitalen Files – zum zusätzlichen Üben zuhause – eingespielt und eingesungen, war für das diesjährige Konzept eine tolle Ergänzung gefunden.
Nach intensiver Vorarbeit und vielen unterhaltsamen und konzentrierten Proben heißt es heute Abend
„Rock’ Roll, Petticoats & Herzschmerz – die goldenen 60er Vorhang auf – und Bühne frei
für Tänzer, Musiker, die Sänger des Schulchors, des Männerchors und den künstlerischen Leiter
Enrico Trummer
Liederkranz Ausflug nach Nürnberg
Der Jahresausflug führte den Liederkranz nach Nürnberg und zum Großen Brombachsee.
Zwei Tage war der Liederkranz beim diesjährigen Jahresausflug in der Stadt Nürnberg und am Großen Brombachsee unterwegs. Am Samstagvormittag wurde bei einer Stadtführung die malerische Altstadt mit Kaiserburg, Hauptmarkt und verschlungenen Gassen erkundet. Beim anschließenden Mittagessen im „Größten Bratwurstrestaurant der Welt“ waren natürlich die leckeren Nürnberger Rostbratwürste auf dem Teller. Nürnberg ist auch eine geschichtsträchtige Stadt mit verpflichtender Vergangenheit, sichtbar auf dem „ehemaligen Reichsparteitagsgelände“ und im „Memorium Nürnberger Prozesse“. Noch heute zeugen auf dem 11 km² großen ehemaligen Reichsparteitagsgelände gigantische Baureste vom Größenwahn des nationalsozialistischen Regimes. Die zweieinhalbstündige Führung auf dem Gelände hat die Teilnehmer tief beeindruckt. Ebenso beeindruckend war die Führung im Memorium Nürnberger Prozesse am Sonntagvormittag mit Besichtigung des berühmten Schwurgerichtssaals 600, in dem sich die führenden Vertreter des nationalsozialistischen Regimes vor einem internationalen Gericht für ihre verbrecherischen Taten verantworten mussten. Der Sonntagnachmittag führte die Ausflügler zum Großen Brombachsee. Bei herrlichem Sonnenschein war die Fahrt mit dem Trimaran ein Genuss, bevor sich die Liederkranzfamilie auf den Heimweg machte und den Tag mit einer stärkenden Einkehr in Auenstein ausklingen ließ.
Im September und Oktober Schnupperproben
LKZ 23.05.2024 Konzertbericht
Lesen Sie den Artikel hier.
Presse Echo zum Jahreskonzert
Die Kornwestheimer Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 06.05.2024. Lesen Sie den Artikel hier.
Die Ludwigsburger Kreiszeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 23.05.2024. Lesen Sie den Artikel hier.
KWZ 06.05.2024 Konzertbericht
Lesen Sie den Artikel hier.
Mit dem Charme der „Goldenen 60-er“ das Publikum erobert…
Bis auf den letzten Platz gefüllt präsentierte sich das Kornwestheimer „K“ am vergangenen Samstag-Abend beim Jahreskonzert des Kornwestheimer Liederkranzes. Alle Kartenwünsche konnten wir leider trotzdem nicht erfüllen.. konstatierte der sichtlich zufriedene Chorvorstand Reinhard Wagner.
Mit dem charmanten Programmtitel Rock’n Roll & Herzschmerz – Die Goldenen 60-er hatte der künstlerische Leiter Enrico Trummer ganz offenbar einen „Nerv“ bei einem Generationen-übergreifenden Publikum getroffen. Dazu kam, dass Trummer mit der Tanzschule Biedermann und dem Projektchor der Schiller-Grundschule noch zwei weitere Attraktionen an Bord genommen hatte, die – passend zum Thema – für zusätzliche Begeisterung und außerordentliches Publikums-Interesse gesorgt hatten.
Im Mittelpunkt des Abends standen jedoch die ca. 30 Männer des Liederkranzes mit ihren bühnenwirksam poppigen Hemden: Für sie hatte Trummer ein hoch-anspruchsvolles Programm aus vier Chor-Blöcken zusammengestellt, welches beispielhaft die Vielfalt der deutschen Schlagerwelt bis hin zu den anwachsenden Einflüssen der britischen und amerikanischen Popkultur der 60-er widerspiegelte.
Schon im ersten Chorblock zeigte sich Trummers feines Gespür für kontrastreiche Zusammenstellungen: So folgte auf das rhythmisch flotte und „peppige“ Sugar, Sugar, Baby von Peter Kraus der gefühlvolle Evergreen Junge, komm bald wieder, den Freddy Quinn berühmt gemacht hatte. Für Trummers gut arrangierten vierstimmigen Satz der berühmten Motorbiene zog der Dirigent „stilecht“ zur Erheiterung des Publikums seine schwarze Motorradjacke über und beschwor die guten alten „Kreidler“-Zeiten – mit dem unvergleichlichen „Motorknattern“ Bam ba ba baaa… Chor–Solist Jörg Aldag brillierte dabei mit herrlich klarer Tenorstimme und überzeugender Gestik. Mit viel Gefühl und Charme wurde dann Rocco Granatas 60-er Jahre Hit Marina vorgetragen. Für einen mitreißenden Abschluss des ersten Chorblocks sorgte dann Drafi Deutschers unverwüstliches Marmor, Stein und Eisen bricht. Die energiegeladene Interpretation des vierstimmigen Chors ließ den Funken auf das begeisterte Publikum überspringen und animierte den Saal zum Mitklatschen und Mitsingen. Nach diesem ersten Chorauftritt war klar geworden, wie genau und sorgfältig Trummer seinen Chor vorbereitet hatte: Dynamisch variativ, mit ausgearbeiteter Artikulation und genau balanciertem Chorklang, rhythmischer Präzision und lupenreiner Intonation der durchaus anspruchsvollen vierstimmigen Chorsätze, zeigte sich, dass Trummer ein charismatischer Chorprofi ist, der mit gestenreichem und motivierendem Dirigat für Chor und Publikum einen stets präsenten Bühnenmittelpunkt darstellte.
Auch das Klavier-Kontrabassduo Michaela Hartmann und Hans-Joachim Weiß trug mit souveräner Begleitkunst ganz wesentlich zum beeindruckenden musikalischen Gelingen bei.
Auch die Tanzschule Biedermann sorgte für einen weiteren Höhepunkt im ersten Programmteil: Ausdrucksstark und mit beeindruckenden und virtuosen Choreografien wurden in farbenfrohen Kostümen 4 Welthits getanzt: Darunter auch Nancy Sinatras These boots are made for walking oder It’s a man’s man’s world von James Brown. Auch hier sprang der Funke auf das begeisterte Publikum über und entlud sich im begeisterten Beifall.
Vor der Pause dann wieder der Männerchor mit seinem zweiten Chorblock: Auch hier gelang Trummer eine abwechslungsreiche und kluge Zusammenstellung der fünf ausgewählten 60-er Jahre Hits: Bei Cliff Richards Rote Lippen soll man Küssen übernahm der 1. Bass mit gepflegtem „orginalgetreuen“ Gesang die Melodie – bei dem auch das berühmte „bouse“ statt „böse“ nicht fehlen durfte – während der 2. Bass mit einer witzigen Kombination aus Bass-Linie und Schlagzeug-Effekten für den Drive sorgte. Die beiden Tenorstimmen ergänzten mit raffinierten, zwei-stimmigen rhythmischen Einwürfen den anspruchsvollen und humorigen Chorsatz. Bei Manuelas Nr. 1-Hit Schuld war nur der Bossa nova überraschte Trummer mit einem lateinamerikanischen „Rassel-Rhythmus“, den er über das Saalmikro live dazu steuerte. Beim Welthit The Lion sleeps tonight des südafrikanischen Zulu-Sängers Solomon Linda studierte Trummer kurzerhand zur großen Freude des Konzertpublikums den eingängigen o-wim-oweh-Refrain mit dem ganzen Saal ein. Das Zusammenspiel mit dem Chor klappte bei der anschließenden Darbietung perfekt – und Chor-Solist Andreas Kurzer übernahm die Rolle des Vorsängers. Mit den beiden berühmten Bill Ramsey-Nummern Ohne Krimi geht die Mimi… und Pigalle kam dann noch einmal eine „Prise Swing“ gemischt mit einer „Portion Humor“ – höchst schwungvoll dargeboten – dazu. Grandioses Finale des 1. Programmteils – mit Ovationen aus dem Publikum bedacht.
Eine wiederum beeindruckende Vorstellung eröffnete den zweiten Teil des Abends: Trummer hatte eigens für diesen Abend einen Projektchor in der Schillerschule gegründet, 3 Dschungelbuch-Arrangements für Kinderchor geschrieben und das ganze an der Schule – die aus Lehrermangel keinen regelmäßigen Kinderchor mehr führen kann – mit den Kindern in dreimonatiger Probenarbeit einstudiert. Mit Colonel Hathi‘s Marsch, Ich möchte sein wie Du und Probier’s mal mit Gemütlichkeit eroberten die auswendig und erstaunlich rein und sauber singenden 26 Dritt-u. Viertklässler mit ihren klaren, hellen Stimmen rasch die Herzen aller Zuschauer im Saal. Auch die kleinen rhythmisch präzis dargebotenen Klatscheinlagen und die lustige „Elefanten-Parodie“ bei Colonel Hathi’s Marsch wurde mit „aahs“ und „oohs“ aus dem Publikum begeistert aufgenommen.
Der dritte Chorblock des Männerchors widmete sich ganz dem Rock‘n Roll-Star Elvis Presley: Love me tender – wiederum in einem vierstimmigen Satz von Chorleiter Trummer – wurde mit dem dazugehörigen „Herzschmerz“ weich und stimmungsvoll vorgetragen. Bei Are You lonesome tonight steuerte Chor-Solist Andreas Kurzer mit seiner schönen Naturstimme die nötige Wehmut eines tragischen Liebesliedes bei. Höhepunkt der „Presley-Trilogie“ war dann der abschließende Jailhouse-Rock. Bewundernswert wie hier der Chor mit rhythmischem Drive und Swing und dem passenden Rocksound diese Glanznummer über eine witzige „Gefängnis-Party“ in den Saal schleuderte. Die vom enthusiastisch mitklatschenden Publikum geforderte Zugabe erfolgte auf dem Fuß und sorgte abermals für große Begeisterung…
Noch einmal dann die Tanzgruppe Biedermann: Auch hier wieder fantasievolle und professionell dargebotene Tanz -Interpretationen – darunter auch Elvis Presleys Heartbreak Hotel und Christina Aguileras Candy man, die das Publikum förmlich von den Sitzen und zu Beifallsstürmen hinrissen.
Das grandiose Finale bestand dann aus drei unsterblichen Songs der legendären Beatles: I want to hold Your hand, Ticket to ride und Hard Day’s night und dem Beach Boys Welthit Barbar’ Ann. Trummer nutzte mit seinem jetzt zur “Boy-Group” umfunktionierten Männerchor jede Möglichkeit, diese fantastischen Songs in den vorliegenden großartigen Arrangements stilecht, mit mitreißendem Drive, stampfendem Beat – professionell unterstützt von Michaela Hrtmann-Trummer und Hans-Joachim Weiß – und soweit wie möglich am Original orientiert – zu präsentieren. Beim Beach Boys-Arrangement des “Millionensellers” Barbar’ Ann – “anstelle” von Brian Wilson – sang hier wieder Chor-Solist Jörg Aldag unterstützt vom mitklatschenden Publikum, das sich zwei Zugaben erjubelte!
Grußwort zum Jahreskonzert 2024
Sehr verehrte Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher, liebe Freunde des Liederkranz Kornwestheim,
viele von Ihnen erinnern sich noch an die 60er Jahre. Wirtschaftswunder – es ging aufwärts, in der Bundesrepublik herrschte Hochkonjunktur. Die schwierige Nachkriegszeit war überwunden, steigender Wohlstand, Vollbeschäftigung und Leistungsdenken verdrängten die jüngste deutsche Vergangenheit und ebenso die Bereitschaft zu deren Aufarbeitung. Gastarbeiter kamen ins Land und haben diesen Aufschwung mit geleistet. „Wir sind wieder wer“, so der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard, der „Vater des Wirtschaftswunders“. Und schließlich machte sich die Menschheit auf, den Weltraum zu erobern und den Mond zu „erklimmen“.
Einige Misstöne drangen dennoch in diese heile Welt, ausgelöst durch Krisen und Kriege in der Welt, allen voran dem Vietnamkrieg. Große Protestdemonstrationen gegen Kriege und Atomwaffen bezogen Stellung. „Make love, not war“ so der Slogan der Hippies. Und schließlich die Studentenrevolte: „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“. Bei immer mehr Jugendlichen setzte zudem eine Abkehr von den bisherigen Werten der Nachkriegsgesellschaft ein. Erkennungszeichen dafür waren lange Haare, Jeans und Lederjacken. Schließlich sprechen wir heute noch von den sogenannten „68ern“, dieser damals jungen Generation, die die „spießige“ Gesellschaft herausgefordert hat und neue positive Akzente in der gesellschaftlichen Entwicklung der späteren Nachkriegszeit gesetzt hat.
Mit unserem Konzert unter dem Motto „Rock´ n Roll, Petticoat, Herzschmerz – die Goldenen 60er“ tauchen wir ein in die damalige Zeit. Wir erinnern uns an den Petticoat und die Musikbox, auch Jukebox genannt. Musikalisch geprägt war dieses Dezennium von schönen deutschen Schlagern, aber auch von Neuem, von für die damalige Zeit „revolutionären“ Songs von den Beatles, von Elvis Presley u.a.
Geboten wird Ihnen in diesem Konzert nicht nur Schönes für die Ohren, sondern auch Schönes für die Augen: Die Tanz- und Ballettschule Biedermann begeistert Sie mit Tanzeinlagen, der Rock´ n Roll darf da natürlich nicht fehlen.
Ein besonderes Anliegen war uns die Mitwirkung des Schulchores der Schillerschule – nach dem schönen Erfolg mit der „Seefahrt nach Rio“ beim Jahreskonzert 2022. Nur mussten wir leider feststellen, dass es in diesem Schuljahr keinen Schulchor an der Schillerschule gibt. Auf Initiative von Chorleiter Enrico Trummer haben wir gemeinsam mit der Schulleitung einen Projektchor ins Leben gerufen. Für den Start eines neuen Schulchores, der im nächsten Schuljahr geplant ist, ist dies eine hervorragende Vorleistung. Dies unterstreicht auch das harmonische gute Miteinander zwischen Liederkranz und Schillerschule. Herzlichen Dank an die Rektorin, Frau Ute Maucher, für die Unterstützung.
Seien Sie herzlich willkommen zu einem erfüllten Konzertabend mit Ihrem Liederkranz Kornwestheim.
Reinhard Wagner
Ein Programm entsteht …
Ein Programm entsteht…
Als ich letztes Jahr die Ausarbeitung eines neuen Konzepts für das Jahreskonzert 2024 begonnen hatte, sollte auch dieses Konzept – wie schon in den beiden Jahren zuvor – wieder von zwei Grundgedanken getragen sein: Zum einen wollte ich für den Chor wieder ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Neueinstudierungen zusammenstellen, das vor allem den Chor in den Mittelpunkt des Abends stellt und eine herausfordernde Zeit der Einstudierung inkludiert. Zum anderen wollte ich aber auch wieder mit Vereinen „vor Ort“ – wie schon 2022 z.B. mit dem Akkordeonorchester und dem Schulchor der Schillerschule – zusammenarbeiten, die – wie auch der Liederkranz – ihr Hobby zur Passion gemacht haben. Den Schulchor hatte ich gleich auf meiner Besetzungsliste – welche Herausforderungen da gemeistert werden mussten, sei am Ende erzählt. Im Hinblick auf mein gewähltes Thema dachte ich dieses Mal an eine „Tanz-Ergänzung“ meines Konzepts. Meine Wahl fiel auf die Kornwestheimer Tanz- und Ballettschule Biedermann, mit der ich auch bald Kontakt aufnahm – ein Glücksgriff, wie sich später herausstellen sollte. Außerdem inspirierte mich die Zusage dieser Tanzschule zum Zusatz „Petticoats“ in meiner Programmüberschrift – ein willkommener „Eyecatcher“.
Viele Themen gingen mir dabei durch den Kopf – schließlich entschied ich mich für ein Thema, das auch in meinem eigenen Leben eine gewisse Rolle gespielt hat: Als Teenager der 60-er Jahre stand ich selbst im Spannungsfeld zwischen populärer (Beat, Rock, Tamla Motown, Beatles, Beach Boys etc…) und klassischer Musik (Klaviermusik von Bach bis Chopin etc.).
So entschied ich mich schließlich dafür: Die „60er Jahre“ sollten es werden – und mit dem Zusatz der „Goldenen 60er“ wollte ich gleich noch im Titel, quasi mit einem Augenzwinkern, auf die „goldenen 20er“ verweisen. Der passende Titel zum diesjährigen Jahreskonzert kam mir „über Nacht“ in den Sinn:
Rock‘n Roll, Petticoats und Herzschmerz – die goldenen 60er
Musikalisch vollzieht sich auch in der U-Musik der 60er Jahre eine spannende Entwicklung: Da ist zum einen noch der „gute alte Schlager“ deutscher Provenienz gefragt, wie er schon in den 30er-, 40er- und 50er Jahren stilprägend war. Es werden nette, humorvolle oder eben auch gefühlvolle Texte in schöne Melodien gekleidet
– zum Mitsingen und Träumen – und damit eben auch ein wenig „Herzschmerz“ erzeugt. Titel wie Lotar Olias Junge komm bald wieder, der vom beliebten Schlagerstar Freddy Quinn gesungen wurde, gehören in diese Kategorie. Ebenso Marina von Rocco Granata oder Presleys Love me tender oder Are you lonesome tonight. Dass auch der Humor in den Schlagern der 60er Jahre seinen Platz hatte, beweisen Titel wie Ohne Krimi geht die Mimi oder Pigalle von Bill Ramsey.
Unaufhaltsam war aber der Einfluss der amerikanischen/englischen Unterhaltungs- oder Popmusik, der sich auch in Deutschland sehr erfolgreich verbreitete und gerade für die Jugend eine willkommene Abnabelungsmöglichkeit von der Welt der Erwachsenen bot: Sugar Sugar Baby von Peter Kraus, Drafi Deutschers unverwüstliches Marmor, Stein und Eisen bricht oder Benny Quicks (mit bürgerlichem Namen Rolf Müller!) Motorbiene waren deutsche Vorboten dieses neuartigen anglo-amerikanischen Rock’n Roll-Trends. Mit einer deutschen Version von Lucky Lips, die dann zu Rote Lippen soll man küssen wurde, schaffte es der britische Popstar Cliff Richard im November 1963 in allen deutschen Hitparaden auf Platz 1. Einen ähnlichen Hintergrund hat auch ein anderer „Nr. 1-Hit“ von 1963:
Schuld war nur der Bossa Nova. Die deutsche Schlagersängerin Manuela hatte den amerikanischen Super-Hit Blame it on the Bossa Nova vom amerikanischen Autorenduo Cynthia Weil & Barry Mann für das deutsche Publikum gecovert und eine Riesenerfolg erzielt.
Der originale Rock’n Roll aus Amerika oder die frühen Beatles aus England mit ihren Pop- bzw. Rock-Varianten samt ihren großen kalifornischen Konkurrenten, den Beachboys, spielen in meinem „60er-Jahre-Konzept“ selbstverständlich auch eine tragende Rolle: Da konnte ich den Presley Klassiker Jailhouse-Rock (er verbindet den musikalischen Rock mit einer gehörigen Portion Humor) oder einige Welt-Hits der „Fab Four“ – 1965 vom britischen Königshaus in den Adelsstand erhoben – samt dem Mega Hit Barbar‘ Ann von den Beachboys in schönen Arrangements für Männerchor finden.
Eine ganz besondere Entstehungsgeschichte hat der Song The Lion sleeps tonight: Dem südafrikanischen Zulu-Sänger Solomon Linda kam die Idee zum Song bereits 1938 bei der Verfolgung von Löwen, die Rinderherden angegriffen hatten. Mit seinen Evening Birds nahm Solomon Linda seinen Song 1939 in Johannesburg unter dem Titel Mbube (=Löwe) auf. Das Urheberrecht an seinem Song verkaufte Linda für ganze 10 Schillinge an den Musikverlag von Eric Gallo. Der Song wurde in den folgenden Jahren von vielen Pop- und Folkkünstlern adaptiert und gecovert. 1961 wurde eine ins Englische übersetzte Version mit dem Titel The Lion sleeps tonight der „Doo-Wop-Gruppe“ The Tokens ein Nummer-eins-Hit in den Vereinigten Staaten. Große Popularität erhielt der Song auch 1994 als Filmmusik in Walt Disneys The Lion King. Insgesamt beliefen sich die Tantiemen an dem Song auf ca. 72 Millionen $.
Wie eingangs schon erwähnt, wollte ich auch wieder den Schulchor der Schillerschule in mein Konzept für das Jahreskonzert 2024 einbauen. Doch meine anfänglichen Korrespondenzen mit der damaligen Schulchorleiterin offenbarten eine traurige Entwicklung: Wegen Lehrermangels gab es mittlerweile keinen Schulchor mehr. Das brachte mich auf die Idee: Dann gründe ich dort eben einen Projektchor, arrangiere passende Lieder und übernehme die wöchentlichen Proben. Die Anfrage an die Schule ergab: 31 Kinder aus der 3. und 4. Klasse hätten Lust auf solch einen Projektchor, der dienstags in der 6. Stunde in der Schule stattfinden sollte. Mit großer Begeisterung stürzten sich alle Beteiligten in die Aufgabe. Natürlich mussten die Lieder auch zu meinem Programm-Titel und den 60-er Jahren passen: Mit drei Songs aus dem Dschungelbuch, von mir für Kinderchor, Klavier und Kontrabass arrangiert und in digitalen Files – zum zusätzlichen Üben zuhause – eingespielt und eingesungen, war für das diesjährige Konzept eine tolle Ergänzung gefunden.
Nach intensiver Vorarbeit und vielen unterhaltsamen und konzentrierten Proben heißt es heute Abend
„Rock’ Roll, Petticoats & Herzschmerz – die goldenen 60er Vorhang auf – und Bühne frei
für Tänzer, Musiker, die Sänger des Schulchors, des Männerchors und den künstlerischen Leiter
Enrico Trummer
KWZ 14.03.2024 – Jahreshauptversammlung
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LKZ 13.03.2024 – Jahreshauptversammlung
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